Bernhard Ailinger - Artist

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Kurzbiographie Bernhard Ailinger

Das Gewahrsein des Prozesshaften

Bernhard Ailinger lernte zunächst im großväterlichen Bildhauer- und Steinmetzbetrieb. Nach einer abgeschlossenen Maurerlehre studierte er Architektur in Berlin zum Diplom und parallel Kunst bei Prof. Hans-Joachim Burgert. Schon während seiner beruflichen Tätigkeit als Architekt ließ ihn seine Leidenschaft, die Malerei, nie los. Er malte für sich selbst, nahm sich Zeit bis er seine Werke der Öffentlichkeit zeigte. Schon nach den ersten Ausstellungen in Berlin, hat sich eine kleine Sammlergemeinde gebildet - und sie wächst. Ailinger lebt und arbeitet in Berlin und Potsdam.

Ailingers Sujet ist der Mensch. Auf großformatigen Leinwänden begegnen uns Figuren in Beziehung zu sich selbst und zum anderen. Körper, bisweilen gesichtslos, zitieren die Dependenz der Protagonisten. Eng aneinander geschmiegt, dann wieder in Distanz von einander, sprechen sie vom Wechselspiel zwischen Nähe und Nichtnähe, nah sein wollen und doch nicht nah sein können. Elementare Themen wie Angst und Sexualität sind stilistisch angedeutet. Die Figurationen der großformatigen Bilder mit betont malerischer Malweise und gezielter Formlosigkeit inszeniert, formieren sich mittels schwungvollem und spontan-gestischen Pinselstrich, zeigen eine durchschimmernd leichte Farbigkeit und ziehen den Betrachter ob ihrer expressiven Wucht in den Bann. Es entstehen abstrakte, sinnlich gegenständliche, zum Teil mit zeichnerischen Elementen durchsetzte Bilder.

Ailinger grundiert die Leinwand farblos. „Durch das nicht Weiße lebt sie“, sagt der Künstler, der das Formale als unabdingbar für das Transportieren der Bildaussage erkennt und nutzt. Was so leicht und spontan daher kommt ist prozesshaft, entsteht zunächst im Kopf, bevor es auf der Leinwand Gestalt annimmt. Striche und Kleckse sind bewusst gesetzt, das Bild durchkomponiert, bis es Ailingers Anspruch genügt.

In verschiedenen farblichen Kombinationen variiert der Maler serienmäßig Themen, die aus der direkten Umgebung und der persönlichen Erfahrung gewonnen werden. In vehementer Gestik und intensiver Tönung, bei der die Führung des Lichtes eine zentrale kompositorische Funktion erfüllt, veranschaulicht der Künstler Bewegungen und Haltungen der Körper. Chiffrenhafte wuchtige Gestalten, die oft die ganze Bildfläche einnehmen werden zu narrativen Kompositionen der zutiefst menschlichen Sehnsucht nach Verbindung. Ambivalenz zieht sich als Grundtenor durch das Werk, das die inneren Zustände des Malers ahnen lässt, eine Spur von Melancholie wird spürbar, die das Kraftstrotzende der Figuren relativiert. Verschlungen ineinander, bisweilen so, als seien sie im Kampf, lässt Ailinger seine Protagonisten gar kippen und deutet auf diese Weise das sich Widerstreitende des Ichs mit sich selbst und mit dem Du an.

Fast scheint es als hinterfrage der Maler die Verschmelzung der Körper als untauglichen Versuch mit einem Du die Angst auszurotten, indem das Ich sich im Wir aufzulösen versucht. Wir ahnen, Verschmelzung gibt uns das trügerische Gefühl das Getrenntsein zu überwinden und wissen um die Fragwürdigkeit dauertüchtiger Liebe zwischen Mann und Frau.

Ebenso prozesshaft wie in seiner formalen Umsetzung geht Ailingers Werk auch in der inhaltlichen Weiterentwicklung den Weg von der Zweisamkeit hin zur „Einsamkeit“, vom Paarsein zum Individum sein. So wendet er sich dem Portrait zu, um auf der nächsten Stufe da anzukommen, wo das Numinose sich Raum im Bewusstsein und auf Leinwänden schafft.

"Der Mensch wird erst dann wirklich geheilt, wenn er mit dem Numinosen in Berührung kommt“, sagte C.G. Jung einmal. So ist es kein Zufall, dass Ailinger sich in einem Zyklus der Darstellung christlicher Themen wie Mutter Maria, Jesus und dem Abendmahl verschrieben hat. Und so schafft der Maler, mittels seiner Bildsprache, im Rezipienten das Gewahrsein, dass Liebe weit mehr ist als die Beziehung zum Nächsten. Diese Bilder erinnern uns daran, dass Liebe eine Form des Seins ist und nicht auf eine einzige Person bezogen.

© Angelika Wende 2011